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Doch leider verfallen viele unserer Genoss(*in)en dabei häufig in ein reflexhaftes Zurschaustellen von männlichen Idealen wie Stärke, Gewaltbereitschaft und Gnadenlosigkeit. Ziel dieses Verhaltens ist es, möglichst gefährlich zu wirken, potentielle Gegner einzuschüchtern und so auch stark und erfolgreich in die antifaschistischen Bewegung hinein zu wirken. Heraus kommen dann Bilder von 3 Genossen die vor einen „Macker Boxen“ Tag ihren Bizeps in die Kamera präsentieren und danach im lokalen AJZ erzählen das sie jetzt ja Muay Thai oder Kickboxen machen um demnächst Nazis zu boxen. Dass sie damit genauso diese männlichen Eigenschaften reproduzieren, die sie auch „boxen“ wollen scheint selten klar zu sein. (PS: wenn du dich davon vielleicht etwas angesprochen fühltst, lohnt sich der Besuch dieser Veranstaltungsreihe wahrscheinlich.)
Dieses Verhalten reproduziert aber nicht nur rechte Vorstellungen von Männlichkeit, sondern kann auch die Vorstufe zum Verrat an den eigenen Genoss*innen sein. Besonders gravierend war hier Johannes D., welcher nach seinem Outing als Täter bei Bullen und VS gegen seine eigenen Genoss*innen aussagte, wie sie zusammen Nazis klatschten. Darauf folgten weitere Hausdurchsungen und Festnahmen, bei den folgenden Gerichtsprozessen kam es durch die Aussagen zu längeren Gefängnisstrafen.
Langfristig kommt es zu notwendigen Konflikten in den eigenen Strukturen oder zwischen ganzen Gruppen. Denn nicht alle Genoss*innen wollen sich (berechtigterweise!) mit rummackernden, gewaltaffinen, emotionslosen, übergriffigen und grenzüberschreitenden Männern organisieren und/oder solidarisieren, die sie am Ende vielleicht unter den Bus werfen, weil sie für ihr eigenes Handeln keine Verantwortung übernehmen können oder wollen.
Aus diesen Gründen wollen wir mit dieser Veranstaltungsreihe verschiedene Schlaglichter auf das Thema „Männlichkeit(en)“ in linken, antifaschistischen Kontexten werfen und zum Nachdenken und Reflektieren anregen. In fünf Abendveranstaltungen wird sich dem Thema von verschiedenen Seiten genähert, außerdem gibt es einen ganztägigen Workshop zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen männlichen Sozialisation sowie den eigenen Verhaltensweisen. Wir laden alle Männer und männlich sozialisierten Menschen in der Bewegung dazu ein, sich mit diesen Themen (wieder mehr) auseinander zu setzen und wollen mit dieser Reihe den Anfang dazu machen. Dennoch sind die Veranstaltungen natürlich offen für alle Gender. Wir freuen uns darauf, mit euch ins Gespräch zu kommen!
Alle Veranstaltungen finden im LaCasa, Hellersdorf (Wurzener Straße 6, 12627 Berlin) statt. Die nächste U-Bahnstation ist U5 Louis-Levin-Straße. Das LaCasa verfügt über eine rollstuhlgerechte Toilette, ist aber nur über eine Treppe zu erreichen. Alle Veranstaltungen werden in deutscher Lautsprache stattfinden.
16.04 Antifa & Männlichkeit (Jeja Klein)
17.02. Männlichkeit(en) und Männlichkeitskritik. Eine Einführung (Jannic Karotte)
Die kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit ist eine notwendige Voraussetzung für solidarische Genoss*innenschaft und für ein gutes Leben für alle. Doch was ist eigentlich Männlichkeit und wie setzen wir uns kritisch mit ihr auseinander? Braucht es „gute“ Männlichkeit? Oder müssen wir Männlichkeit abschaffen? Für eine (pro_)feministische Debatte über Männlichkeit in der radikalen Linken müssen wir verstehen, worüber wir eigentlich reden. In diesem Vortrag wird in grundlegende Begriffe eingeführt und herrschaftskritische Perspektiven auf Männlichkeiten vorgestellt.
01.03. It’s not just Boys‘ fun? Zum Geschlechterverhältnis innerhalb der radikalen (Veronika Kracher)
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In diesem Vortrag analysiert die Autorin Veronika Kracher die historische und ideengeschichtliche Entwicklung von feministischen Kämpfen innerhalb der radikalen Linken – gerade gegen Genossen aus den eigenen Reihen, spricht darüber wie sich feministische Kritik und Praxis in den letzten 50 Jahren entwickelt und verändert hat, und versucht auch anhand eigener Erfahrungen, die Widersprüchlichkeiten derselben zu diskutieren.
15.03. Workshop Auseinandersetzung Männlichkeit
In vielen aktivistischen, diskriminierungs- und herrschaftskritischen Kreisen gehört es für Männer zum guten Ton, sich als Feministen zu bezeichnen, oder zumindest als Anti-Sexisten. Dennoch erleben wir auch in diesen Kontexten männliche Verhaltensweisen, die problematisch und veränderungswürdig sind. Braucht es in Zeiten erstarkender rechtsextremer Strukturen Härte, Stärke und Dominanz für „Gegenwehr“? Wie lassen sich Verhaltens- und Beziehungsweisen in solidarischen Strukturen davor schützen von traditionell-männlichen Eigenschaften (mit)geprägt zu werden? In diesem ganztägigen Workshop wollen wir einen Raum zur kritischen Auseinandersetzung mit Männlichkeit(en) in aktivistischen, diskriminierungskritischen Kreisen schaffen und uns dazu austauschen, wie wir feministische Forderungen erfüllen und der realen Bedrohung durch Rechtsextreme begegnen können.
Ein Teil des Workshops besteht aus Selbstreflexion, alleine sowie in Kleingruppen. Eine grundsätzliche Bereitschaft zum biographischen Arbeiten setzen wir daher voraus. Gleichzeitig bieten wir immer auch Möglichkeiten des Ausstiegs und Alternativen an. Im Arbeiten ist uns eine kritisch-wohlwollende Atmosphäre wichtig.
Die Gruppengröße ist begrenzt auf 20 Teilnehmende. (Anmeldung unter: nachdenrechtenschauen@riseup.net)
7.4. rechte Männlichkeiten (Jannic Karotte)
Elon Musk, Maximilian Krah, Martin Sellner oder Andrew Tate. An einflussreichen rechten Männern mangelt es derzeit nicht. Rechte Männlichkeitsperfomances scheinen ein politisches und kommerzielles Erfolgsmodell zu sein. Auch in rechter Propaganda spielt das Thema Männlichkeit eine wichtige Rolle. In Deutschland und darüber hinaus sind junge Männer konservativer eingestellt als junge Frauen, wählen verstärkt rechte Parteien und Neonazi-Strukturen haben aktuell vor allem Zulauf von jungen Männern. Wie lässt sich der Erfolg rechter Männlichkeitspolitiken erklären? Dieser Vortrag beleuchtet rechte Geschlechter- und Männlichkeitsideologien, rechte Mobilisierung mit Männlichkeitspolitiken und gesellschaftlichen Verhältnisse, die die Attraktivität rechter Männlichkeiten begünstigen.
9.4. Manchmal helfen Schellen!? Über Rap, Männlichkeit & Kampfsport (Heidi Süß)
16.4 Antifa & Männlichkeit (Jeja Klein)
Warum nur will man unbedingt ein Krieger für das Gute sein? So könnte eine Frage lauten, mit der sich nach dem problematischen Verhältnis von autonomem Antifaschismus und Männlichkeit forschen lässt. Einerseits steht die radikale Linke nämlich für das Aufbrechen von Geschlechterrollen und für Antisexismus. Andererseits sind es dann aber doch wieder die immer selben Jungs mit den immer selben Frisuren, die im Antifa-Milieu den Ton angeben – Ausnahmen bestätigen hier, freilich, die Regel. Der Kampf gegen Neonazis erfordert Härte und Aggression, das Bezwingen von Angst und das Eingehen teils erheblicher körperlicher Risiken. Und oft geht er mit bösen gelben Briefen von Ermittlungsbehörden einher. Wer sollte das wollen? In Rückgriff auf männlichkeitstheoretische und sozialpsychologische Erklärungen, die die konflikthafte männliche Sexualität und Identitätsbildung im Patriarchat ernst nimmt, lässt sich zumindest nachvollziehen, welcher subjektive Vorteil sich für die klassische Figur des „Antifa-Mackers“ aus all dem ziehen lässt. Wozu? Sicher nicht, um damit aufzuhören, sich Nazis konsequent in den Weg zu stellen – aber auch nicht, um einfach weiter zu machen wie bisher.